Ich bin du und du bist ich

Dr. Janez Drnovšek, Präsident von Slowenien


Ich bin du und du bist ich. Wir beide fühlen gleich, leiden gleich. Ein Mensch ist Mensch, Tiere sind Tiere, aber wir fühlen und leiden gleichermassen. Der Mensch tötet und isst Tiere. Tiere leiden. Der Mensch tötet den Menschen, obwohl beide gleich fühlen und leiden. Wer kann diese Welt verstehen?

Aber wir sind eins: Menschen, Tiere und Natur. Miteinander verbunden und sich vernichtend. Besser gesagt: Der Mensch vernichtet Tiere und die Natur. Für Nahrung, obwohl es für ihn nicht nötig wäre, einfach aus Gier. Müssen wir Tiere quälen und töten? Nein, das ist unnötig; für die menschliche Ernährung ist Pflanzennahrung viel gesünder.

Müssen wir diese Erde vernichten, die Luft und das Wasser? Das dürfen wir nicht, das machen wir nur aus dem unersättlichen Wunsch nach Profit. Dieser generiert immer neue Wünsche und Bedürfnisse, welche wir uns mit immer neuen Produkten erfüllen, bei deren Herstellung wir immer intensiver die Umwelt zerstören.

Diese «Zivilisation der Konsumenten» bringt eine Vielzahl an Gütern hervor, welche der Mensch im Grunde überhaupt nicht braucht. Mit ihren Mechanismen zur Erweckung von immer neuen Wünschen und erdachten Bedürfnissen segelt sie auf der Spirale immer neuer, für die Menschheit unnützen Produktpaletten. Und dabei übersieht sie eine Milliarde Menschen, welche nicht einmal genügend Nahrung und Wasser haben, um zu überleben, geschweige denn, sich den Orgien des modernen Konsumententums hinzugeben.

Der Mensch fühlt nicht mehr mit den Menschen, fühlt nicht mit den Tieren, er verlor den Kontakt zur natürlichen Umwelt. Er schafft sich eine eigene virtuelle Welt, wo er nicht mehr sein eigenes Leben lebt, sondern das Leben eines Konsumenten-Roboters, und damit driftet er immer weiter von seinem wahren Selbst ab. Langsam und allmählich wird er kein Gefühlsmensch mehr sein, verbunden mit anderen Lebewesen und der Natur. Und am Ende wird es keine reale Welt mehr geben. Irgendwo auf diesem Weg wird sie einfach verschwinden.

Source: Movement for Justice and Development
Author: Dr. Janez Drnovšek, Präsident von Slowenien